Koblenz (RZ - Von Susanne Willke)
Das Forstamt Neuhäusel hat im Auftrag von Landesforsten ein Pilotprojekt gestartet, bei dem mithilfe von Drohnen die in den vergangenen Jahren entstandenen Befahrungswege auf den Kahlflächen der Montabaurer Höhe erfasst werden. Somit sollen sie für die Nachwelt digitalisiert werden und auffindbar bleiben, auch wenn wieder ein Wald nachgewachsen ist. Doch wie funktioniert das Pilotptojekt genau?
Die Sorge um den Wald ist für den Forst eine Sorge um das Gesamtökosystem, erklärt Friedbert Ritter, Leiter des Forstamtes Neuhäusel. „So wurde dem Bodenschutz bei den waldschutzbedingten Notfällungen höchstmögliche Aufmerksamkeit geschenkt.“ Zu erkennen sei dies an den stehen gebliebenen unteren zwei Meter der Entnahmebäume. Diese Baumstümpfe kennzeichnen dauerhaft die Leitpfosten der Befahrungslinien in den Wäldern.
Die sogenannten Befahrungslinien können teilweise bis in die Anfänge des 19. Jahrhunderts zurückdatiert werden, erzählt Friedbert Ritter weiter. Ausgehend von nahezu 200 Jahre alten Vermessungskarten, die unter der Leitung des damaligen französischen Oberst Tranchot erstellt wurden, werden diese Waldzugänge bis heute fortgeschrieben. Neben diesen Wegen zeugen heute alte Hohlwege von einem weiteren Zugang in den Wald sowie aus dem Wald. Damals waren es unzählige Ochsenfuhrwerke und mit Stahl beringte Holzräderwerke, die für die Versorgungsleistungen in den Wäldern unterwegs waren. Viele dieser heute noch existierenden Befahrungslinien befinden sich somit auf historischem Boden. Auf diesen dauerhaft bereitgestellten Linien fahren heute keine Ochsenkarren mehr, sondern moderne Forstmaschinen unter Einsatz größtmöglicher Bodenschutztechnik, wie Ritter betont. Reifenbreiten zwischen 70 und 80 Zentimeter verteilen schonend den Druck auf den Boden dieser Linien. Forstmaschinen dürfen sich nur auf diesen in einem Regelabstand von bis zu 40 Metern oder mehr ausgewiesenen Befahrungslinien bewegen. Der Zwischenbereich des Waldbodens gehöre einzig und allein der Waldökologie und sei für jegliche Befahrung tabu, so Ritter weiter.
Um so wichtiger sei es, moderne Verfahren zu nutzen, über die gerasterte Befahrungslinien dauerhaft wieder aufzufinden sind, um nicht noch mehr Waldboden zu verdichten. In Gedanken an dieses Problem stieß Friedbert Ritter in anderer Sache auf die Firma aeroDCS, die eigentlich dabei war, eine Systematik zur Früherkennung von Borkenkäferbefall zu entwickeln. Im Einsatz: Unter anderem eine Drohne mit einer Spannweite von 2,50 Meter, die mittels Bodenstation und Satellit gesteuert wird und Aberhunderte von Fotos liefert, aus denen wiederum ganze Karten erstellt werden können. Auch für die zurzeit noch sichtbaren Fahrlinien auf den kahlen Waldflächen der Montabaurer Höhe als Pilotprojekt. Ritter bezeichnet es als eine Investition für die Ewigkeit, übertitelt das Pilotprojekt mit „Bodenschutz im Wald mit Hilfe aus dem All“. Diese etwas feierliche Umschreibung eines sehr technischen Verfahrens lässt die Macher des Start-up- Unternehmens, Ralf Hoffmann, Dr. Hans-Peter Thamm und Axel König, schmunzeln. Die Firma aus Koblenz-Arenberg hat für das Forstamt Neuhäusel in dem Pilotprojekt ein auf 20 Zentimeter genaues navigationsgestütztes Verfahren für die dauerhafte Dokumentation der geschützten Bodenflächen entwickelt und sich im Bereich Fernerkundung und Flächenvermessung auf der Grundlage von fotooptischer Befliegung unter Einbezug der im All kreisenden GPS-Satelliten spezialisiert.
„Unter Einsatz von Spezial-Drohnen oder Leichtflugzeugen wurden die Käferholz-Schadflächen im Staatswald und beginnend im Gemeindewald des Forstamtes Neuhäusel beflogen und lagegenau mit bis zu 70 Bildüberschneidungen fotografiert. Die Fotos werden mit den GPS-Koordinaten verknüpft und mathematisch zu einem Gesamtbild mit einer Lagegenauigkeit von 20 Zentimeter berechnet“, erklärt Ralf Hoffmann.
Auf der Grundlage dieser Spezialfotos werden die Befahrungslinien in einem ersten Schritt digitalisiert. Die dadurch entstandenen Linien werden mit ihrer GPS-Positionierung dem Geoinformationssystem WaldIS.rlp von Landesforsten übergeben und stehen so für die „Ewigkeit“ zur Verfügung.
Dieser technische Schritt dient in erster Linie dem Bodenschutz zur dauerhaften Darstellung der geschützten Waldflächen, die nicht befahren werden dürfen. „Aber auch das Wissensmanagement steht hier im Fokus, denn wir wollen auch den Generationen nach uns den ,Weg in den Wald' zu den zielgerichteten Pflegeschwerpunkten in Richtung anpassungsfähiger und klimaresilienter Wälder von morgen zeigen“, so der Forstamtsleiter.
Der Waldumbau wird zu einer Jahrhundertaufgabe und bindet mehrere Förstergenerationen. Auch bei der bereits begonnenen Wiederbewaldung geben diese Befahrungslinien jetzt schon den dauerhaften Bodenschutz für die Zukunft vor. Diese Linien werden nicht bepflanzt und bieten auf circa 10 Prozent der Fläche Raum für natürliche Sukzession.
Auch auf diesen Linien werden natürlich ansamende Bäume in die Tiefe wurzeln und zur Biodiversität der nächsten Jahre in unseren Wäldern beitragen. Das Forstamt Neuhäusel geht davon aus, auf etwa einem Viertel der Fläche aktiv die Wiederbewaldung und den Baumartenwechsel durch Initialpflanzung zu unterstützen. Auf der Restfläche wird sich durch natürliche Sukzessionsabläufe und der orhandenen Naturverjüngung in wenigen Jahren der Waldboden auf riesigen Flächen mit der nächsten Waldgeneration überschirmt haben. „Zielgerichtete Wiederbewaldung darf nicht dem Zufall überlassen werden. So brauchen die Licht liebenden Baumarten wie die Eichen, aber auch andere Klimaschutzbäume in den kommenden Jahren zielgerichtete Pflege und Unterstützung“, so Ritter. „Hier sichern uns die Befahrungslinien den Zugang in die Fläche.“
Die unterschiedlich gepflanzten Baumarten werden im Zuge der Wiederbewaldung von den Revierförstern in einem digitalen Geoinformationssystem, ebenfalls mit GPS-Unterstützung erfasst. Bei dem zukünftigen Auffinden der Befahrungslinie, sozusagen die Pflegeadresse zu den klimaresilienten Baumarten der zukünftigen Waldgeneration, setzt das Forstamt Neuhäusel in einem Pilotprojekt auf die Unterstützung aus dem All.
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